Es ist früher Nachmittag. Ich sitze vor dem Austria Center Vienna. Es ist wie immer ziemlich windig hier. Das weiß ich, weil ich hier in den letzten Monaten schon öfters war. Die ersten beiden Male für meine eigene Covid-19 Impfung und danach als Begleitung für Freunde und Freundinnen. Die Stimmung an diesem Ort fasziniert mich. Ich beobachte Menschen aller Altersklassen, Herkunft und sozialer Schichten wie sie hierher kommen um ihre Impfung zu erhalten. Irgendwie erinnert es mich an eine Mischung aus Volksfest und Pilgerort. Es gibt Food-Trucks, ein Kaffeemobil und einen Eisstand. Kinder spielen Fangen. Menschen fallen sich freudig in die Arme, wenn sie nach der Impfung wieder aus dem Gebäude kommen. Heute bin ich wegen eines Freundes hier. Er hat ein wenig Angst vor dem Prozedere. Ich begleite ihn bis zum Eingang, umarme ihn und sage zu ihm „Life is beautiful“. Diesen Satz gebrauche ich zwar fast inflationär oft, in diesem Falle passt er als kleiner mutmachender Zuspruch wirklich. Als er sich nochmals umdreht und in meine Richtung blickt, lachen wir. Ich suche mir ein windstilles Plätzchen zum Hinsetzen. Auf einem Holzkonstrukt, das in der Mitte einen Baum beheimatet und in drei Himmelsrichtungen mit Sitzflächen ausgestattet ist, lasse ich mich nieder. Eine Frau mit Kopfhören teilt sich mit mir einen Holzflügel. Direkt neben uns auf dem nächsten Element sitzt ein Pärchen und unterhält sich. Sie essen dabei. Ich kann ihre Sprache nicht erkennen und überlege 5 Minuten hin und her, ob ich sie ansprechen soll. Bisher konnte ich den vielversprechenden Hinweis, dass es sich bei der gesuchten Nachricht eventuell um Dari handle, leider noch nicht klären. Ich habe noch keine Person getroffen, die Dari spricht. Als die beiden mit ihrem Snack fertig sind, wage ich es. Sie seien nicht wegen der Impfung hier, sondern waren im Donaupark, der hinter dem Gebäudekomplex liegt. Dort im Park gibt es ein Korea Kulturhaus. Aber das sei eher nur ein Restaurant, wie sie mir mit etwas Enttäuschung erzählen. Sie selbst kommen aus Südkorea, leben aber seit dem Studium in Deutschland. Ob sie meine Nachricht vielleicht verstehen können? Leider nein. Kein Koreanisch. Das klänge irgendwie eher nach Pakistan oder aus der nahen Region darum, rätseln sie. Das Mädchen neben mir nimmt die Kopfhörer ab. Anscheinend hat sie unser Gespräch ein wenig mitverfolgt. Sie möchte die Nachricht auch hören. Ich wiederhole sie. Ihre Vermutung, dass es Portugiesisch aus Brasilien sei, kann ich verneinen. Der Freund, den ich heute begleite, ist Brasilianer. Ich schaue auf die Uhr. Schon fünf vor drei. Gleich müsste er fertig sein. Ich gehe zurück zum Ausgang. Da ist schon sein Lächeln. Der Wind bläst sein Basecap fast davon. Wir umarmen uns.